Standardisierte Hunde – Standardisiertes Denken

Profifußballspieler und deren Trainer haben es nicht leicht. Sie trainieren Tag für Tag viele Stunden ihre Ausdauer und ihre Fähigkeiten. Sie analysieren die Spielweise anderer Mannschaften und verbessern ihre Taktik. Wenn sie dann aber das Spielfeld für ein Spiel gegen eine andere Mannschaft betreten, warten dort bereits tausende „Experten“ auf den Zuschauerrängen. Mit Currywurst-rot-weiß und einem Bier in der Hand bewerten die Zuschauer jede Handlung auf dem Spielfeld und wissen grundsätzlich besser, wie man den letzten Pass hätte spielen sollen und wo der Tormann zu stehen hat. Vom Hartschalensitz der hohen Tribüne mit guter Übersicht und aus der anonymen Masse heraus lässt sich das Verhalten der echten Profis auf dem Rasen natürlich leicht kritisieren. Vermutlich würde kaum einer der Hobbyexperten ein Fußballspiel durchhalten und auch noch den Überblick behalten, wenn er selbst auf dem Platz stehen und mitspielen müsste. Die Arbeit der Schieds- und Linienrichter machen die Zuschauer trotzdem gleich mit.

In der Hundezucht scheint es ähnlich zu sein. Sobald ein Züchter eine Entscheidung trifft oder Planungen zur weiteren Zucht bekannt gibt, tauchen viele Menschen auf, welche mit den Überlegungen des Züchters nicht einverstanden sind. Vor allem, wenn es sich um einen Züchter handelt, welcher nicht den großen Verbänden angeschlossen ist. Der Züchter wird sofort kritisiert und manch einer maßt sich an, besser als der Züchter zu wissen, was gut oder schlecht für die Tiere ist. Oftmals kennen sie den Züchter nicht einmal persönlich, unterstellen ihm aber viele Dinge, die bei näherer Betrachtung kaum haltbar sind. Da wird dem Züchter durchaus vorgeworfen, er würde sich nicht um die Gesundheit der Tiere und deren Wohlbefinden kümmern und die Zucht nur aus Profitgründen betreiben.
Es stellt sich die Frage, ob diese Menschen wirklich davon überzeugt sind, was sie behaupten und natürlich wäre es spannend zu erfahren, wie sie zu diesen Vermutungen kommen. Oder werden solch fragwürdige Unterstellungen gegen einen Züchter einfach deshalb kundgetan, um ihn zu diskreditieren weil er vielleicht andere Ansichten und Ziele hat? Werden vielleicht absichtlich und wissentlich falsche Äußerungen gegen einen Züchter verbreitet, um das Vertrauen in ihn zu untergraben, obwohl es sich dabei möglicherweise um strafrechtlich relevante Verleumdung handeln könnte?

Dalmatiner sind eine faszinierende und vielfältige Hunderasse. Es gibt nicht nur Dalmatiner mit schwarzen Punkten auf weißem Fell, sondern auch solche mit braunen oder orangenen Punkten und sogar solche, mit verschiedenfarbigen Tupfen. Dalmatiner haben meistens kurzes Fell, sie können aber auch ein langes Fell haben. Viele Leute wissen dies nicht und sind ganz überrascht, wenn sie einen Dalmatiner sehen, der anders aussieht als die Hunde, die man aus einem bekannten Zeichentrickfilm kennt.
Die Tupfenhunde sind eine spannende und abwechslungsreiche Rasse. Leider wird dies gewöhnlich nicht erwähnt, wenn man einen Züchter besucht oder bei einem Verein anfragt. Rasseverbände, Vereine und Züchter sprechen erstaunlicherweise nicht gerne über die wunderbare Vielfalt der Dalmatiner. Der Rassestandard ignoriert einen wesentlichen Teil der Ausprägungen und suggeriert, dass Dalmatiner nur schwarze und gegebenenfalls braune Punkte haben. Im Standard sind auch keine Dalmatiner mit langem Fell vorgesehen, obwohl es sie gibt.
Die Frage, warum viele existierende Ausprägungen im Standard nicht berücksichtigt werden, wird gewöhnlich nur ausweichend beantwortet. Warum ist das so? Das ist schwer zu sagen. Man gewinnt den Eindruck, dass niemand so recht weiß, warum der Standard so restriktiv ist. Es gibt seitens der bestehenden Vereine und Verbände offensichtlich auch keine Bestrebungen, den Standard diesbezüglich zu überdenken und anzupassen.
Der Standard ist in anderen Belangen hingegen erstaunlich flexibel. So wurde er dynamisch an die immer größer gezüchteten Dalmatiner angepasst, damit diese auch weiterhin dem Standard entsprechen, der ursprünglich eigentlich nur deutlich kleinere Dalmatiner vorgesehen hat. Auch was das Gewicht angeht zeigt man sich flexibel, denn die Gewichtsangaben wurden in der neuesten Version des Standards gänzlich entfernt, da offenbar nur noch wenige Zuchthunde innerhalb der zuvor festgelegten Grenzen bleiben. Ein Großteil wiegt heutzutage schon deutlich mehr als die Standardangaben der älteren Version zugelassen hätten.
Nur was die Farbe und die Felllänge betrifft, sind die festgelegten Regeln jedoch scheinbar in Stein gemeißelt und eine ernsthafte Diskussion mit nachvollziehbaren Argumenten wird nicht geführt und gefördert oder auch nur geduldet.

Spannend wird es, wenn nun Dalmatinerliebhaber, welche die existierende Vielfalt erhalten möchten, die Initiative ergreifen und das machen, was die etablierten Vereine bislang versäumt haben: eine Diskussion anstoßen und die Vielfalt erhalten.
Schön wäre es, wenn die etablierten Vereine aufgeschlossen gegenüber neuen Ideen wären und neue Ansichten als Grundlage für Diskussionen über die Weiterentwicklung der Rasse nutzen würden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wer Wünsche, Ideen und Vorstellungen bezüglich der Hundezucht hat, die nicht mit den aktuell herrschenden Regeln der etablierten Vereine übereinstimmen, wird von den Vereinen ignoriert oder verunglimpft. Die Selbstherrlichkeit, mit der andere Ansichten abgeschmettert werden ist zuweilen sehr erschreckend und beängstigend. Vor was haben die Verbände und Vereine Angst?
Und welche Möglichkeit haben Züchter, die neue Wege gehen wollen? Eine vertrauensvolle und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den erfahrenen Vereinen scheint kaum möglich zu sein. Letzten Endes bleibt leider nur die Option, getrennt von den bestehenden Verbänden und Vereinen zu züchten und sich mit Gleichgesinnten zusammenzuschließen.

Sobald man einen Weg abseits der ausgetretenen Pfade wählt und die Regeln begründet modifiziert, tauchen plötzlich – wie beim Fußball – unzählige Experten auf, die alles besser zu wissen glauben. Diese Experten haben natürlich die herrschenden Regeln mehr oder weniger gut auswendig gelernt und für sich beschlossen, die Regeln nicht zu hinterfragen, sondern einfach nur anzuwenden und vor allen anderen zu verteidigen. Wer von den Regeln abweicht, wird mit Verachtung und gegebenenfalls mit langen Schimpftiraden gestraft. Diese Experten erwarten, dass sich alle an die bestehenden Regeln halten, welche von fremden Menschen vor langer Zeit aufgestellt wurden und nach vorherrschender Meinung weder begründet werden müssen noch diskutiert werden dürfen. Sie akzeptieren nicht, wenn jemand für sich entscheidet, die Regeln zu hinterfragen und gegebenenfalls zu erweitern, wenn dies sinnvoll erscheint. Denn auch unser heutiges Wissen zur Zucht, Genetik etc. war nicht einfach so vorhanden, sondern wurde durch Beobachtungen, Versuche und wissenschaftliche Studien erweitert, widerlegt oder ergänzt.

Die Mitglieder der bestehenden Vereine erwarten, dass jeder die vorgegeben Ansichten teilt. Sie selbst unterwerfen sich den bestehenden Zwängen freiwillig und möchten, dass jeder der Dalmatiner züchten möchte ebenfalls nur nach den bestehenden Regeln züchtet und diese als richtig betrachtet.
Natürlich sind bei der Rassezucht gewisse Rahmenbedingungen gesetzt, so dass der Charakter und das grundlegende Erscheinungsbild der Rasse erhalten bleibt. Warum aber soll man nicht die bestehende Vielfalt innerhalb der Rasse fördern und erhalten. Es ist ja nicht so, dass „gewöhnliche“ Dalmatiner mit kurzem Fell und schwarzen Tupfen aussterben, wenn auch lemonfarbene Dalmatiner oder solche mit langem Fell gezüchtet werden. Und wer möchte, kann bei der eigenen Zucht auch weiterhin die „üblichen“ Erscheinungsformen in den Vordergrund rücken. Auch bei der Aufnahme von zum Beispiel langhaarigen, lemonfarbenen oder dreifarbigen Dalmatinern wird die Rasse nach wie vor zum überwiegenden Teil immer kurzhaarig mit schwarzen oder braunen Tupfen bleiben.

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten und einige Züchter nehmen diesen Spruch sehr wörtlich. Wenn die Bekehrungsversuche fehlschlagen und die Argumente ausgehen, greifen einige Menschen auf persönliche Beleidigungen zurück um ihre Wut und Entrüstung kundzutun. Dies ist ein höchst unprofessionelles Verhalten und hat mit konstruktiver Kritik nichts mehr zu tun.
Es wird behauptet, die Aufnahme von Lemon, Tricolor und Langhaarigkeit hätte nichts mit Geschmack zu tun, auch Züchtern großer Vereine würden diese Varianten durchaus gefallen. Sie würden sie jedoch nie züchten, weil man damit angeblich der Rasse schaden und sie über kurz oder lang zu Grunde richten würde. Dies ist eine überaus fragwürdige und wohl kaum belegbare These.
Ein ebenso unprofessionelles Verhalten wie das einen anderen Züchter zu beleidigen ist es, dessen Hunde, beziehungsweise deren Abstammung öffentlich schlecht zu reden und gewagte Behauptungen über diese aufzustellen. Einige Züchter glauben von sich selbst sie wüssten alles und fühlen sich anscheinend genötigt ihr „Wissen“ und ihre Ansichten über Gut und Schlecht jedem penetrant aufdrücken zu müssen. Auch Doppeldenk (Neusprech-Begriff aus dem dystopischen Roman 1984 von George Orwell. Beschreibt die Fähigkeit, in seinem Denken zwei widersprüchliche Überzeugungen aufrechtzuerhalten und beide zu akzeptieren.) beherrschen viele Menschen hervorragend, so natürlich auch in der Hundezucht. Während sie bei der eigenen Zucht keinerlei Bedenken bei möglicherweise problematischen Verpaarungen sehen, kritisieren sie die Verpaarungen anderer Züchter, die Abstammungen gekaufter Zuchthunde oder deren Nachkommen. Auf der einen Seite können einige Züchter jegliches kritische Denken abschalten, auf der anderen Seite kritisieren sie jegliche Handlungen anderer.
Die eigenen Hunde und Nachkommen halten Züchter gänzlich unkritisch für absolut unbedenklich, die Hunde anderer Züchter werden hingegen äußerst kritisch betrachtet. Wie es scheint ist jeder Züchter zur gleichen Zeit gut und schlecht. Gut und verantwortungsvoll aus seiner eigenen Sicht, das ganze Gegenteil aus der Sicht eines anderen Züchters. Vor allem, wer keinem großen Verband angehört muss einiges an Kritik über sich ergehen lassen.
Wer sich als interessierter Laie nicht von Gerüchten, Feindseligkeit und Missgunst blenden lassen möchte, ist sicherlich am besten beraten, den Züchter persönlich um eine Stellungnahme zu bitten und sich dann ein eigenes Bild zu machen.

Statt Toleranz und Offenheit beherrscht aber eine abweisende Grundhaltung die Szene. Niemand soll einen anderen Weg wählen, als den Etablierten. Offensichtlich fällt es den Kritikern aber schwer zu begründen, warum jeder zwangsläufig den Weg gehen muss, den sie für sich als den akzeptierten Weg festgelegt haben. Da wundert es nicht, dass die Argumente schnell ausgehen und stattdessen einfach stupide Behauptungen aufgestellt werden, die weder sachlich oder fachlich begründbar sind, noch auf fundiertem Wissen basieren. Wie kann beispielsweise jemand, der einen fremden Züchter nicht kennt, von diesem behaupten, er achte nicht auf Gesundheit, Rasseerhalt und Charakter, sondern züchte lediglich aus Profitgier auf das Hervorbringen von Besonderheiten, weil sie sich gut und teuer verkaufen lassen?
Gerne wird behauptet, dass andere Varianten der Rasse nur deshalb in die Zucht mit aufgenommen werden, weil es eine Nachfrage gibt und einige Züchter dies nun ausnutzen wollen und solche Hunde „produzieren“ um „den Markt zu bedienen“. Diese Aussage ist allerdings nicht sehr weit gedacht. Denn was ist eigentlich mit den Züchtern, die den großen Verbänden mit ihren starren Regeln angeschlossen sind und „Standarddalmatiner“ züchten? Bedienen diese etwa keinen Markt? Erhalten diese Züchter keine Anfragen von Menschen, die sich explizit für einen Dalmatiner interessieren und womöglich sogar für eine bestimmte Farbe oder Fleckungsstärke? Verschenken sie die Welpen oder verkaufen sie zum Selbstkostenpreis? Warum züchten sie überhaupt? Gerne wird als Argument genannt, man würde züchten, weil man die Rasse erhalten beziehungsweise verbessern möchte. Aber wie könnte man dies und vor allem wozu sollte man es, wenn es keinen Markt für Dalmatiner, egal welcher Farbe, gäbe?
Auch in der Hobbyzucht möchte jeder Züchter seine Welpen verkaufen und dies zu einem angemessenen Preis, was bis zu einem gewissen Grad natürlich in Ordnung ist. In der Hundezucht sollten angemessene finanzielle Belohnungen für die Mühen gewährleistet sein. Schließlich ist die gewissenhafte Hundezucht teuer, zeitintensiv und mit Risiken verbunden. Aber das Geld sollte nicht im Vordergrund stehen. Weder bei einem kleinen Verein, noch bei einem großen Dachverband.
Wenn ein Züchter eines großen Verbandes seine Welpen für 1200-1500 Euro verkauft, dann ist dies allgemein akzeptiert und für in Ordnung befunden. Wenn nun aber ein Züchter eines kleineren Vereins seine Welpen für 1000 Euro verkauft, gilt dieser sofort als profitgierig. Spiegelt sich in diesem Schlechtreden vielleicht nur die Angst vor ernsthafter Konkurrenz wider?

Würden Züchter, welche nur auf den schnellen Profit aus sind, sich tatsächlich die Mühe machen, die potenziellen Zuchthunde diversen, zum Teil sehr kostspieligen, Untersuchungen zu unterziehen, wie ein Röntgen auf HD (Hüftdysplasie), ED (Ellbogendysplasie), OCD (Osteochondris Dissecans, üblicherweise Röntgen der Schultern), einem Gentest auf DM (Degenrative Myelopathie) oder ein Herzultraschall und ein aussagekräftiges Schilddrüsenprofil? Wohl kaum! Dennoch wird Züchtern, welche so verantwortungsvoll züchten vorgeworfen, keinen Wert auf die Gesundheit der Hunde zu legen. Wie passt das zusammen? Auch, dass alle Welpen einer Audiometrie zur Feststellung der Hörfähigkeit unterzogen werden passt nicht in das Bild eines profitorientierten Züchters.

Schade ist, dass die Mehrheit so etwas einfach annimmt und weiterverbreitet, anstatt den oder die entsprechenden Züchter persönlich zu kontaktieren und nach ihren Beweggründen und Plänen zu befragen. Viele Züchter tun sich leicht mit der pauschalen Verurteilung Andersdenkender, nahezu niemand ist bemüht sich selbst ein Bild zu machen. Wenn es aber darum geht die eigene Zucht sowie Pläne zu reflektieren oder sogar Kritik entgegen zu nehmen, dann wird es oft ganz still oder aber sehr laut, weil man sich offenbar gegen diese „Frechheit“ wehren will. Über die Größe des Fehlerbergs vor anderer Leute Türen diskutiert und schimpft es sich ganz leicht und ungeniert, nur der Berg vor der eigenen Tür wird zu gerne geleugnet oder verharmlost.

Es wird immer aufgeschlossene und neugierige Menschen geben, welche sich – frei nach Immanuel Kant – „ihres eigenen Verstandes bedienen um der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu entkommen“ und vorherrschende Standards hinterfragen und eigene Wege suchen, wenn sie keine vernünftigen und nachvollziehbaren Antworten auf ihre Fragen erhalten.*

Die Dinge ändern sich mit der Zeit und wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Vielleicht haben die etablierten Vereine Angst um ihre Zukunft. Während die einen bei auffrischendem Wind die Segel setzen, verankern andere ihr Haus. Anstatt ebenfalls die Segel zu setzen, wird versucht, die Bemühungen der Entdecker schlecht zu reden. Erschreckend häufig werden dann neue Vereine, welche sich nicht dem herrschenden Diktat unterwerfen möchten, abschätzig als Dissidenzvereine bezeichnet.
Interessanterweise ist „Dissidenz“ aber eigentlich gar kein Schimpfwort, auch wenn es dem Kontext nach als solches gebraucht wird. Dissidenz bezeichnet ganz neutral eine Widerstandsbewegung, beziehungsweise die Opposition. Wer mit den herrschenden Regeln unzufrieden ist, mutig die Initiative ergreift und neue Alternativen erschafft, wer also etwas bewegt und verändert, ist ein Dissident.
Dissidenten waren schon immer diejenigen, welche die Menschheit weitergebracht haben. Dissidenten sind nicht vor den Wölfen davongelaufen, sondern haben die Wölfe gezähmt und viele verschiedene Rassen für unterschiedliche Aufgaben gezüchtet. Dank der Dissidenten können wir heute auch abseits der Hundezucht von der Entwicklung vieler spannender Errungenschaften profitieren. Dissidenten haben es uns ermöglicht, in wenigen Stunden um die Welt fliegen und ferne Länder erkunden zu können. Diejenigen, welche der etablierten Meinung folgten, dass Menschen nicht fliegen können, haben keine Flugzeuge konstruiert.
Dissidenten sind diejenigen, die etwas bewegen und unseren Horizont erweitern. So auch in der Hundezucht. Während die etablierten Vereine nicht über die Vielfalt der Dalmatiner sprechen und die Menschen nicht informieren, sind es die kleinen neuen Vereine, welche die Menschen aufklären und Diskussionen über die Vor- und Nachteile anstoßen. Schön wäre es natürlich, wenn sich die großen Vereine und Verbände der Diskussion auf konstruktive Art anschließen. Dazu gehört aber auch, dass sie ihren eigenen Standpunkt begründet und ihre Beweggründe nachvollziehbar darlegen. Es genügt nicht zu sagen, dass Dalmatiner nur schwarze oder braune Punkte auf kurzem Fell haben dürfen, weil es im alten Standard so steht, auch wenn Dalmatiner aufgrund ihrer Gene sehr viel abwechslungsreicher aussehen können. Zu einer ernsthaften Diskussion gehört auch, dass man erläutert, warum die aktuellen Festlegungen so im Standard steht und was genau dagegen spricht, beispielsweise auch Dalmatiner mit langem Fell zu erhalten.
Hin und wieder wird die Meinung geäußert, dass keine anderen Ausprägungen bestehen bleiben sollen, weil jeder der ein Dalmatiner haben möchte, ganz selbstverständlich einen Hund mit kurzem Fell und schwarzen Punkten kaufen möchte. Wer einen Hund mit langem Fell möchte, will keinen Dalmatiner. Das ist natürlich eine sehr fragwürdige Behauptung (und widerspricht auch den Aussagen, einige Züchter würden Langhaardalmatiner aus Profitgründen züchten – wenn sich niemand für diese Hunde interessiert, kann man sie ja schließlich nicht teuer verkaufen). So manch einer wird sich für einen Dalmatiner entscheiden, weil er den Charakter und das grundlegende Erscheinungsbild dieser Hunde schön findet, würde aber vielleicht gerne einen Hund mit langem Fell haben.


* „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht aus Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. ‚Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!‘ ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“
Immanuel Kant, 1784